Erhöhte Haftung für den Geschäftsführer einer insolventen GmbH.
Wird im Insolvenzverfahren über das Vermögen einer Gesellschaft Eigenverwaltung angeordnet, haftet der Geschäftsführer wie ein Insolvenzverwalter (BGH: Urteil vom 26.04.2018 IX ZR 238/17).
1) Einführung
Gerät ein Unternehmen in eine finanzielle Schieflage und gibt es Hoffnung auf eine erfolgreiche Sanierung, so kann sie statt der normalen Insolvenz mit einem gerichtlich bestellten Insolvenzverwalter bei dem zuständigen Gericht auch einen Antrag auf Eigenverwaltung gem. ESUG stellen. In diesem Fall werden die Geschäfte mit einem von dem Unternehmen benannten und von dem Gläubigerausschuss akzeptierten Geschäftsführer (oft als Chief Restructuring Officer – CRO bezeichnet) nach einem vom Gericht genehmigten Insolvenzplan fortgeführt. Dies soll die Zahl der erfolgreichen Sanierungen angeschlagener Firmen erhöhen und den Firmen die Scheu vor dem Schritt unter den Schutz der InsO nehmen. So kann oft eine endgültige Abwicklung vermieden werden.
2) Bisherige Rechtslage
Bisher musste der Geschäftsführer in der Insolvenz bzgl. seiner Geschäftsführung lediglich die gesellschaftsrechtlichen Haftungsnormen gegen sich gelten lassen (bspw. § 43 Abs. 2 und § 64 GmbH-Gesetz). Das bedeutet, dass Ansprüche der Gläubiger und anderer am Insolvenzverfahren Beteiligter gegen den Geschäftsführer nicht direkt geltend gemacht werden konnten. Solche Ansprüche konnten nur indirekt über den gesellschaftsrechtlichen Umweg durchgesetzt werden.
Im Gegensatz dazu trifft den Insolvenzverwalter bei einer regulären Insolvenz eine eigene und unmittelbare Haftung aus der InsO.
Die Befugnisse des Geschäftsführers sind indes vergleichbar mit denen des Insolvenzverwalters. Vor diesem Hintergrund wurden die Unterschiede in der Haftung und die Auswirkungen auf die Durchsetzbarkeit der Ansprüche der Gläubiger als unangemessen empfunden. Die Gläubiger wurden so faktisch bei einer Eigenverwaltung schlechter gestellt als bei einer regulären Insolvenz.
3) Sachverhalt und Entscheidung:
Der CRO einer geschäftsführenden GmbH einer GmbH & Co. KG bestellte während einer laufenden Eigenverwaltung im Insolvenzverfahren Ware im Wert von 87.120,49 EUR. Nach Genehmigung des Insolvenzplanes und der Beendigung des Insolvenzverfahrens wurde die Ware geliefert und der Rechnungsbetrag fällig. Die Schuldnerin zahlte nicht und meldete per Eigenantrag erneut Insolvenz an. Die Lieferantin der Ware scheiterte in den ersten beiden Instanzen mit ihrem Schadensersatzanspruch in Höhe des Warenwertes. Der BGH hat in der folgenden Revision die analoge Anwendung des § 61 InsO als Anspruchsgrundlage gegen den CRO möglich gemacht. Damit haftet der CRO in der Eigenverwaltung nicht mehr nur nach den gesellschaftsrechtlichen Regelungen sondern daneben auch nach den Regelungen der Insolvenz.
4) Begründung des BGH
Der BGH begründet diese Entscheidung (s.u. Anlage/Link) damit, dass die gesellschaftsrechtliche Haftung des Geschäftsführers der GmbH allein nicht ausreiche, um dem Schutzbedürfnis der Gläubiger zu entsprechen. Da die insolvenzrechtlichen Regelungen nicht direkt anzuwenden sind, bestehe insoweit eine Regelungslücke zu Ungunsten der Gläubiger. Die Eigenverwaltung dürfe ggü. dem normalen Insolvenzverfahren aber nicht zu Nachteilen für die Gläubiger führen. Die Haftung des Geschäftsführers derjenigen des Insolvenzverwalters anzugleichen, sei angemessen, da dieser faktisch die Aufgaben des Insolvenzverwalters wahrnehme.
5) Bedeutung für die Berufshaftpflicht
Die Haftung des Geschäftsführers in der Eigenverwaltung ist durch dieses Urteil erhöht. Das Risiko entspricht nun, zusätzlich zu den gesellschaftsrechtlichen Risiken, dem eines Insolvenzverwalters. Dies ist maßgeblich bei der Beratung des Kunden zu beachten. Insbesondere sollte die Deckungssumme entsprechend gewählt werden. Bedingungsseitig ist der HDI für dieses Szenario bereits gut aufgestellt. Wir versichern mit unseren speziellen Versicherungsbedingungen für InsO-Risiken auch die Eigenverwaltung des Schuldners nach §§ 270 ff. InsO durch den Versicherungsnehmer für die Dauer des im Versicherungsschein bezeichneten (vorläufigen) Insolvenzverfahrens. Damit sind sowohl die gesellschaftsrechtlichen als auch die insolvenzrechtlichen Risiken des Versicherungsnehmers vom Versicherungsschutz umfasst, also auch diejenigen des CRO infolge dieser Rechtsprechung.
6) Fazit
Der BGH hat die persönliche Haftung für den CRO in der Eigenverwaltung deutlich verschärft. Kunden des HDI brauchen sich jedoch nicht zu sorgen, sie sind auch für diese Fälle mit unserer speziellen Versicherungsbedingungen für Insolvenzrisiken bestens versichert. Unser Deckungskonzept umfasst auch die „neuen“ InsO-Ansprüche.